...aus dem Leben eines nixiskla...
Samstag, 18. Januar 2014
Tja, ehrlich gesagt bin ich immer noch ziemlich maulfaul Link zu einem anderen Beitrag hier bei Blogger.de bei dem Thema. Aber auch hier gilt ja: in guten wie in schlechten Zeiten. Oder so.

Ich war am Mittwochmorgen geradezu erschreckend gut sortiert. Um sieben ging der Wecker, dem ich gepflegt eine verpasste und selig bis halb neun weiterschlief. Selbst das Frühstück schmeckte und da ich ja doch noch in irgendeiner dunklen Ecke eine Buchhalterseele bin, beschloss ich sehr rechtzeitig loszufahren, immerhin waren es fast 70 km und sich zu verspäten beim Vorstellungsgespräch ist mir sehr viel weniger lieb als eine Stunde irgendwo herumzusitzen. Natürlich war die Autobahn komplett frei trotz einer Baustelle und ich war ziemlich sehr genau eine Stunde zu früh, was mich aber nicht ärgerte - bei bekannten Distanzen und Strecken würde ich logischerweise etwas knapper planen -, ärgern würde mich eine Minute Verspätung.

Ich nervte kappi0106 auf einer Dienstreise mit ein paar SMS, einen Anruf als Zeitvertreib bei meinen Eltern vermied ich aber, zu schnell können meine Ma und ich wegen Banalitäten aneinandergeraten, das wäre nicht das Richtige gewesen, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

So schlug ich auf die Minute pünktlich mit einem Klingeln auf, wurde sehr freundlich begrüßt, mir wurden Kaffee, Kekse oder Wasser angeboten und ebenso freundlich von mir abgelehnt. Nie Essen in wichtigen Situationen, man verschluckt sich, gibt den George W. und sitzt plötzlich prustend mit Tränen in den Augen seiner/m hoffentlich zukünftigen Vorgesetzten gegenüber. Und spuckt dieser/m Krümel oder sonstiges auf den Tisch. Außerdem ging in meinem Kopf vieles umher, Hunger oder auch nur Appetit war nicht dabei.

Ein gleichaltrige Frau trat ein, begrüßte mich, setzte sich und sagte erst mal nichts. Gar nichts. Hm... Ich bot nach einer reichlich langen Phase des Anschweigens an, ob ich mich denn einfach mal vorstellen solle. Nein, nein, plötzlich aus dem Sekundenschlaf erwachend ergriff dann doch die Prokuristin das Wort mit der Frage, ob ich denn gut her gefunden hätte, es sei ja doch ein ziemlich weiter Weg, sie persönlich halte ja knapp 70 km für viel zu weit als täglichen Weg zur Arbeit.

Ein kleiner Frosch kam die Luftröhre hoch, und ich erinnerte mich, dass bereits in der Bewerbung etwas von maximal 30km stand, aber letztendlich hatte man mich ja trotzdem eingeladen. Ich scherzte, Fahrerei sei kein Problem, ich hätte eigentlich nie an dem Ort gearbeitet, an dem ich gelebt hätte. Und schob dann halbwegs elegant doch einfach mal die Stationen meines Lebenslaufes nach. Sie nickte und sah irgendwie unglaublich müde aus. Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob es wohl an meinem Vortrag lag, fand mich aber reichlich entspannt mit dem Gedanken ab, dass es wohl doch eher die vergangene Nacht oder einfach mangelnder Schlaf sei.

Sie sagte dann ziemlich übergangslos, dass ich überhaupt der einzige Mann sei, den sie eingeladen habe, es würden auch bisher ausschließlich Frauen hier arbeiten. Der kleine Frosch kam wieder angeklettert. Okay, Du wohnst zu weit weg und jetzt bist Du auch noch völlig überraschend ein Mann, alles läuft super. Ja, das sei ja aber meistens in Buchhaltungen so, ich hätte eigentlich ausschließlich immer mehr Kolleginnen denn Kollegen gehabt.

So plätscherte es dahin. Sie erzählte ein wenig von dem Unternehmen, nachdem ich aber leichtsinniger Weise zwischenbemerkte, dass ich die Internetseite aufgesucht hatte, schloß sie umgehend mit der Bemerkung, dann sei mir eh das meiste ja bekannt. Freundlich, nicht verbindlich. Nach einer Viertelstunde kamen wir dann endlich zu dem Thema, auf das ich mich schon so sehr gefreut hatte die vorangegangenen Tage: warum ich denn nun eigentlich den letzten Arbeitgeber mehrfach verlassen habe. Und vor allem, warum ich mehrfach dort wieder angefangen habe.

Ich war in den Tagen zuvor zu dem Entschluss gekommen, einfach die Wahrheit zu sagen. Lügen ist nicht meins, außerdem war mir auch - ehrlich gesagt - keine gescheite Lüge eingefallen, warum jemand weggeht, wiederkommt, dann wieder weggeht, dann wiederkommt und letztendlich gekündigt wird. Ich hatte vorher bei einer kleine Recherche im Internet gefunden, dass auch sie früher bei einer Spedition beschäftigt war und hoffte einfach darauf, dass mein Gegenüber versteht, wovon ich sprach. Von dem vergifteten Klima, von der brutalen Fluktuation, von meinen Problemen mit all dem etc.etc. Sie nickte und nickte, unterbrach mich und erzählte dann einfach von ihren Erfahrungen in der Branche und siehe da, genau aus diesen Gründen war sie seinerzeit gewechselt.

Das Gespräch war nach 20 Minuten beendet. Sie habe heute und morgen noch ein paar Gespräche, danach würde sie entscheiden. Man bekäme 29 Tage Urlaub, Geld habe sie noch nicht endgültig festgelegt, aber da sehe sie keine Probleme, da würde man sich einig werden. Sie würden sehr viel mit Excel arbeiten, die Kollegin im Sekretariat habe da noch eine kleine Aufgabe und sie würde sich schon mal verabschieden und sich dann per Telefon oder Mail melden. Dem kleinen Frosch hatte ich mittlerweile ordentlich in den Hintern getreten, der war weg.

Und das war vermutlich mein Fehler: so wurde aus dem Frosch eine riesengroße Kröte. Und die saß direkt oberhalb des Blattes mit der kleinen Aufgabe und streckte mir ihre Zunge raus...

Die kleine Aufgabe bestand aus zwei Tabellen mit einem Beispiel aus dem Vertrieb. Zehn Kunden waren namentlich aufgeführt, die Kundengruppe, ein Artikelpreis und die verkaufte Anzahl. Ermitteln Sie den Umsatz anhand einer Formel. Okay, flugs gemacht. Formatieren Sie die Tabelle übersichtlich nach eigenen Vorstellungen. Okay, auch kein Thema.

Die Kunden sollen zum Jahresabschluss ein Werbegeschenk erhalten, drei verschiedene waren aufgeführt. Die Werbegeschenke waren abhängig von Kundengruppe und Umsatz, jede Kundengruppe hatte eine eigene Staffel, ab welchem erreichten Umsätze welches Geschenk vorgesehen war, die Umsätze waren pro Gruppe unterschiedlich hoch. Zudem standen vom "wertvollsten" Werbegeschenk lediglich drei zur Verfügung. Erstellen Sie die entsprechende Formel.

Die Kröte wanderte mittlerweile mit einer Tröte im Maul und einer kleinen Trommel vor dem Bauch lautstark oberhalb des Blattes hin und her.

Ich hatte schnell realisiert, dass ich keine Logikformeln in Excel erstellen kann. Ich hatte es noch nie gemacht. Ich fand zwar die Wenn-Dann-Formeln, probierte ein wenig hin und her, sinnvolles kam dabei nicht wirklich heraus. Zudem hatte ich im Kopf überschlagen, dass mindestens vier Kunden theoretisch Anspruch auf das wertigste Geschenk hatten. Dafür war dann vorgesehen, dass eben nur die drei mit dem summarisch höchsten Umsatz dieses bekamen. Das in eine Formel zu packen, konnte ich nicht.

Die Sekretärin schaute zu mir und fragte, ob es Probleme gäbe. Ja, ich hätte im Grunde keine Ahnung, wie es geht. Mit erschrecktem Gesichtsausdruck kam sie zu mir, stellte sich hinter mich und sagte, dass das jetzt schlecht wäre. Ja, in der Tat. Ob ich noch weiter probieren wolle. Nein, danke, dadurch würde mir auch nicht einfallen, was ich noch nie gemacht hatte.

Wir verabschiedeten uns reichlich verdattert voneinander und ich ging. Noch im Treppenhaus hörte ich Trommeln und Tröten.

Ich hatte mit sehr vielem gerechnet. Bohrenden Fragen zu den Fehlzeiten, zur Kündigung, zu weiß der Geier was auch immer, zu allem hatte ich mir Gedanken gemacht und war mögliche Antworten durchgegangen. Dass man mir mit Excel ein Beinchen stellen kann in der Buchhaltung, das stand leider nicht auf dem Programm.

Ich war so enttäuscht. Die ganzen, in meinen Augen problematischen Themen hatte ich meines Erachtens recht gut umschifft und dann das... War das Problem wirklich so dämlich, sie hatte mehr oder minder nur im Nebensatz diese kleine Aufgabe erwähnt, die konnte doch gar nicht so schwierig sein. Hatte ich etwas übersehen oder falsch verstanden? Nein, ich konnte es einfach nur nicht. Dann war ich etwas sauer, weil mir auch am nächsten Tag immer noch kein entsprechender Nutzen in der Buchhaltung in den Sinn kam. Ich hätte der Dame eine Bilanz aus dem Kopf zusammendrechseln können, Kennzahlen analysieren können, auch eine Lohnabrechnung hätte ich ihr auf einem Blatt Papier berechnen und aufmalen können. Wie man Excel sagt WENN DANN und dann auch nur drei und nicht alle und der, der eigentlich dieses Geschenk bekommen könnte, bekommt doch ein anderes, das konnte ich aber nicht. Bedauerlicherweise wollte man das aber wissen.

Tja, so war das. Als ich zuhause den Rechner hochfuhr, rechnete ich eigentlich mit einer Mail. Bisher habe ich keine. Aber jedes Mal, wenn der Ton für eine eingehende Mail erklingt, meine ich ein Tröten zu hören. Momentan liegt hier noch ein Strohhalm rum. Vielleicht waren die anderen Bewerber ja auch...

Ach, Quatsch, Du hast es vergeigt. Es geht also weiter. Bisher seit Juli 72 Bewerbungen, 30 sind noch offen, eine davon war mit Vorstellungsgespräch.